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Wettbewerb, Konkurrenz und Erfolg als Marker der Patriarchose

Warum der Wunsch, besser sein zu wollen als Andere, gar nicht so gesund und schon gar nicht natürlich ist, will ich diesem Artikel erläutern.

 

Schauen wir uns zuerst den IST-Zustand dazu an:

 

Es gibt drei Hauptrichtungen, in denen jede Form von Wett"kampf" legitim ist und gesellschaftlich als normal angesehen wird:

 

  1. In der Wirtschaft
  2. Im Sport
  3. Im äußeren Erscheinungsbild

 

Die Wirtschaft:

 

Das Ziel unserer kapitalistischen Gesellschaft ist, immer mehr Wachstum zu generieren. Also möglichst jedes Jahr mehr Umsatz, mehr Verkaufszahlen, mehr Kapital zu machen. Firmen, die ähnliche oder gar gleichwertige Produkte produzieren, stehen dazu im Konkurrenz"kampf" mit ihren Mittbewerbern.

 

Um noch mehr Gewinn zu machen, müssen Kosten so gering wie möglich und die Verkaufserlöse so hoch wie möglich gehalten werden. Dies geht meist zu Lasten der ArbeitnehmerInnen und der Umwelt, die Gewinne streichen die Geschäftsführenden und die Share-Holder der Aktienpakete ein.

 

Auch in der Schule und Ausbildung werden Kinder und Jugendliche so erzogen, dass nur der oder die die besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, die die besten schulischen Leistungen erbringen.

Dieses System sollte jede und jeder mittlerweile verstanden haben, sodass ich hier nicht weiter ins Detail gehe.

 

Kommen wir zum Sport:

 

Sport ohne Wett"kampf" ist nicht denkbar, es sei denn, wir klammern den reinen Freizeitsport ohne jeden Leistungsgedanken aus.

 

Gerade in jeder Sportart, die auf Geschwindigkeit aus ist (Schwimmen, Sprint, Skirennen usw.), können Sieger oder Siegerinnen nur noch mittels hochpräziser Messtechnik ermittelt werden, denn die Differenzen belaufen sich schon seit einer Weile nur noch im Millisekunden Bereich.

 

Menschen hier zu vergleichen, die absolut gleich schnell sind und nur an der dritten oder vierten Stelle hinter dem Komma sich unterscheiden - was macht das mit den Menschen, mit den Sportlerinnen? Hier werden hundertstel Sekunden zu Messlatten, die wir mit unseren normalen Sinnen überhaupt nicht wahrnehmen können.

 

Auch bei Mannschafstsportarten wie Fußball, Handball oder Basketball konkurrieren die Vereine um die besten Spieler, die für Millionensummen von Verein zu Verein wandern. Vereine, die diese finanziellen Mittel nicht haben, bleiben auf der Strecke und in den unteren Ligen.

 

Der Leistungsdruck ist sowohl im Einzel- als auch im Mannschaftssport enorm und um diesen Druck aushalten zu können, braucht es eine ganze Menge an spezielle ausgebildeten Trainern und Mental-Coaches.

 

Auch hier muss ich nicht weiter ins Detail gehen, da wir das Konzept Sport schon als kleine Kinder mit ins Leben bekommen.

 

Gehen wir nun zum Bereich des "äußeren Erscheinungsbildes":

 

Hier geht es im Besonderen um Äußerlichkeiten, wie ein - gesellschaftlich akzeptiertes - Schönheitsbild. Und ich beziehe mich hier nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Tiere. Dies wird in den vielen Hunde-, Katzen-, Kaninchen-, Vogel- und sonstigen Tierschauen deutlich. Tiere werden hier auf spezielle Merkmale gezüchtet: langes oder kurzes Fell, große Augen, flache Nasen, einen besonderen Körperbau - alles kann bewertet werden.

 

Das Gleiche gilt für die "Miss" und "Mister"-Wahlen, in denen sich körperlich attraktive Frauen oder Männer miteinander vergleichen müssen. Alle eint, dass sie eine spezielle Norm vertreten - besonders groß, schlank, lange Beine, langes Haar, bei Männern ein muskulöser und trainierter Körper und bei beiden eine möglichst "ideale", symmetrische Gesichtsform.

 

In manchen Ländern, wie zum Beispiel in den USA, treten sogar schon Babys und Kleinkinder in Beauty-Contests gegeneinander an. Sie selber nicht, aber ihre Eltern melden sie dazu an.

Menschen, egal ob Frau, Mann oder Mädchen, die diesen vorgegebenen Normen nicht entsprechen, werden überhaupt nicht zu solchen Wett"kämpfen" zugelassen.

 

Das Fatale an solchen Schönheits"idealen" ist, dass sie als Werbeträger und Rollenmodelle besonders für junge Menschen eingesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass Kinder schon in jungen Jahren vermittelt bekommen, dass "du nur dann schön, erfolgreich und akzeptiert bist, wenn du diesem Ideal so nahe wie möglich kommst".

 

Besonders Instagram und seit Kurzem auch TikTok sind hier in die Kritik geraten, bei Schäden an jungen Menschen nicht ganz unschuldig zu sein.

 

Minderwertigkeitsgefühle, mangelndes Selbstbewusstsein bis hin zum Selbsthass, Essstörungen, oder der Wunsch nach operativer "Umgestaltung und Anpassung" an das Ideal, schaden mehr als dass hier junge Menschen mental gesund leben können so wie sie sind - mit all ihren kleinen Unzulänglichkeiten, die sie aus der "idealen Norm" heraus schubsen. Es gibt mittlerweile über acht Milliarden Menschen auf der Erde und jedes einzelne Menschlein ist absolut einzigartig, individuell und fantastisch! Egal, ob alt oder jung, groß oder klein, dick oder dünn, weiß, braun oder schwarz, mit langen oder kurzen Haaren, kein einziges Menschlein gleicht dem Anderen.

 

Hör' einfach auf, dich mit anderen zu vergleichen - du bist EINzigartig!

 

Woher kommt nun dieser Wettkampf, dieser Konkurrenzdruck, der wenige zu Siegern kürt und den Rest mit Frustration und mangelndem Selbstwertgefühl zurück lässt? Dieser Druck ist uns nämlich nicht angeboren.

 

Wir müssen (mal wieder) weit in die Vergangenheit reisen, in die Zeit, als die Viehzucht begann. Also ungefähr achttausend Jahre zurück und in die Steppen der Kaukasusregionen.

 

Als die ganz frühen Viehzüchter (die sich damals sicherlich selber noch gar nicht so nannten), merkten, dass eingefangene, weibliche Wildrinder, -schafe und -ziegen, keinen Nachwuchs bekamen, machten sie sich also auf den Weg, auch lebende Stiere und Böcke einzufangen und diese zu den Weibchen zu bringen.

 

Mehrere wilde Stiere oder Böcke in einem Gatter tun sich aber gegenseitig nicht gut und gerade wenn es darum ging, die Kühe (hier merke ich gerade, dass unsere deutsche Sprache überhaupt kein passendes Wort mehr für das hat, was ich hier in Patriarch-Sprech mit "Begattung" oder "Fortpflanzung" benennen muss und deshalb bei der reinen Tätigkeitsbeschreibung bleibe) zu bespringen.

 

Nach viel "try and error" kamen sie also dahin, nur noch den kräftigsten, schönsten oder in ihren Augen passendsten Stier oder Bock zu den Kühen und Schafen zu lassen. Die erste Auswahl war getroffen.

Sie erkannten gleichzeitig, dass auch EIN Mann mit vielen Frauen Geschlechtsverkehr haben kann, um viele Nachkommen zu zeugen.

 

Das, was mit der Viehzucht begann, wurde gleichfalls zu einer "Menschenzucht". Denn fortan wurde die natürliche, evo-biologische Female Choice, die seit Jahrmillionen eine große genetische Varianz unter den Lebewesen hervorbrachte, unterbunden. Aus den Wild-Tieren der kaukasischen Steppen wurden die Nutz-Tiere, die heute einen Großteil der Biomasse auf der Erde ausmachen.

Frauen und Mädchen wurden nun nach objektiven Merkmalen für die "Fortpflanzung" ausgewählt - Schönheit, Jugend, Anmut, Demut, Sanftheit, Unterwürfigkeit wurden bevorzugt, die "wilde", natürliche Frau mendelte sich im Laufe der letzten Jahrtausende aus.

 

Es entstand nicht nur der Wett"kampf" um besondere Schönheits- oder Nutzungsmerkmale bei Mensch und Tier, sondern die neuen, jetzt patriarchalen, Viehzüchternomaden, mussten sich auch im Kampf um Konkurrenten beweisen. Hier haben alle sportlichen Wettkämpfe ihren Ursprung, denn sie wurden stellvertretend für gewaltvolle Kriege ersonnen. Sie haben sie aber leider nicht obsolet gemacht.

 

Da auch die Trennung aus dem menschlichen Kontinuum ihren Ursprung in der Entstehung des Patriarchats hat, ist die Sehnsucht nach Anerkennung und Erfolg die verzweifelte Suche nach der Rück-Anbindung an das Kontinuum. Denn dieses ist uns evo-biologisch gegeben und kann nur durch äußere Einflüsse ausgehebelt werden (Trennung von Mutter und Kind; gilt auch für die "Nutz"-Tiere).

 

Um sich Vorteile zu verschaffen, werden bis heute unlautere Mittel eingesetzt. Eineseits sind sie gesellschaftlich geächtet, andererseits unterschwellig akzeptiert. Um ein paar Beispiele zu nennen:

 

  • Doping im Sport bei Mensch und Tier
  • Bestechung der Bewertungsrichter
  • Sabotage an für den Wettkampf wichtigen Gerätschaften der Gegner
  • Bestechung, bzw. Beeinflussung von Politikern durch Wirtschaftsunternehmen (Lobbyismus)

 

Gab es vor der Patriarchalisierung keinen Wett"kampf"?

 

Nein, denn alle Menschen lebten im Kollektiv und waren unbedingt aufeinander angewiesen, um das Überleben der Gruppe zu sichern. Es hätte keinen Sinn gemacht, ein Mitglied der Gemeinschaft zu "erhöhen", denn alle waren gleichwertig, auch wenn es Unterschiede in den einzelnen Bereichen gab. So konnte jemand geschickter Leder gerben und Kleider nähen, jemand anderes konnte gut Gebrauchsgegenstände aus Knochen und Horn schnitzen, wieder jemand anderes war besonders talentiert, Lieder zu singen und Geschichten zu erzählen.

 

Ich zitiere hier einige Passagen aus "Männer und das menschliche Kontinuum":

 

"Durch diese Kontinuumserfahrungen haben alle Kinder – und damit natürlich auch die Erwachsenen – ein gesundes Selbstbild und Selbstbewusstsein und eine innere Stärke und Kraft, konstruktiv und lösungsorientiert mit Problemen umzugehen.

 

Erwachsene Männer schämen sich nicht, bei Schmerz oder Trauer Trost bei ihren Müttern zu suchen. Sie brauchen kein „grandioses Selbstbild“, denn sie müssen niemandem „etwas Beweisen“, am allerwenigsten ihren Eltern.

 

....

 

Ein Kontinuumsmann muss sich nicht mit Erfolgen brüsten, denn durch das von Geburt an erworbene und erlebte Gefühl des Angenommenseins in der Kunni**, genau richtig zu sein, so wie er ist, hat er keinen seelischen oder emotionalen Mangel, den er ausgleichen muss. Er muss niemandem beweisen, was für ein „toller Hecht“ er ist, weil er die wohltuende „Richtigkeit“ des eigenen Selbst erlebt hat, da er sie in der Phase des Getragenwerdens erlebt hat.

 

Kontinuumsmänner brauchen keine Statussymbole, denn wen wollten sie damit beeindrucken? Die Mitglieder seines eigenen Kontinuums kennen ihn gut genug, sodass er hier niemandem Imponieren muss. Er war von Geburt an willkommen in der Kunni** und durfte sich zu dem Menschen entwickeln, der er jetzt ist."

 

Zitat Ende.

 

Doch, wie können wir heute diesen "Wettbewerbsgedanken" los lassen?

 

Ganz einfach: lasst uns wieder Dinge zusammen machen, nicht gegeneinander!

 

Unsere Welt ist mittlerweile so kaputt gegangen durch diesen Wahn, immer mehr, schneller, höher und weiter zu kommen, sodass wir hier wirklich zwingend zu einem Halt, einem Stopp kommen müssen.

 

Nicht, wer ist der oder die Schnellste? Sondern, wie können wir gemeinsam das Ziel erreichen, so dass wirklich alle gut mitkommen können. Auch die die zu klein, zu alt oder zu schwach sind.

 

Nicht, wer hat in diesem Jahr die meisten Umsätze gemacht und seinen Gewinn um x% gesteigert? Sondern, gemeinsam Firmen unterstützen, die sich nachhaltig für die Umwelt und die Menschen einsetzen. Besondere Unterstützung brauchen genossenschaftlich und gemeinnützig arbeitende Unternehmen, deren Ziel eben nicht in der Gewinnmaximierung und der Erhöhung des Shareholder-Values ist.

 

Nicht die kapitalistischen exklusiven Mode-, Auto- und Lifestyle-Marken unterstützen, sondern zurück kommen zu einer matristischen Tausch- und Schenkökonomie (maternal gift economy). Das schont auch unsere sehr begrenzten Ressourcen und die Mitwelt.

 

Eine schöne, gesunde und lebenswerte Welt ist möglich. Fangen wir heute gemeinsam damit an, sie zu schaffen!

 

 

** Kunni = aus der mütterlichen Linie stammende, matrifokale Gemeinschaft