Als Pionierin der "Familiensysteme" gilt Virginia Satir.
Auf ihre Arbeiten und Studien in den 50iger Jahren des 20. Jahrhunderts gehen alle heutigen, systemischen Arbeiten verschiedenster, nach ihr gekommener Therapeutinnen und Therapeuten zurück.
Hier möche ich die Unterschiede des "klassischen" systemischen Familienstellens und der in der matrifokalen Pyschotherapie (HP) entstandenen Arbeit mit der "Ahninkette" vorstellen.
Zuerst müssen wir uns die grundlegenden Systeme anschauen - einerseits das künstliche, mit Gewalt und Druck aufrecht erhaltene, patriarchale und patrilineare System, andererseits das evo-biologische menschliche Kontinuum mit der natürlichen Matrilinearität.
Wir kennen es heute nicht mehr anders, als dass wir in eine patriarchale Gesellschaft geboren werden, dort aufwachsen und irgendwann auch einmal sterben werden.
Das Vaterrecht (Patriarchat) gilt in Deutschland und Europa seit über dreitausend Jahren und kann sich nur mit Druck, Gewalt und Einschüchterung halten. Es ist durch und durch lebensfeindlich, denn der Grundtenor lautet: was dem Mann nützt ist gut. Also auch, dass "seine" Frau und "seine" Kinder nach seinem Willen leben und das tun, was er will. Die Bedürfnisse von Frauen und Kindern haben hinter den Bedürfnissen der Männer zurück zu stehen.
Dass hier, abgesehen vom kollektiven Ur-Trauma, Strukturen nur durch massive Gewalteinwirkungen aufrecht erhalten werden können, traumatisiert alle. Da auch die Täter (egal ob als Mann oder Frau) als traumatisierte Kinder von traumatisierten Müttern auf die Welt kommen, kennen sie nichts anderes, als selber das Trauma (oft unbewusst) weiter an die nächste Generation zu tragen.
Dazu kommen noch die territorialen Konflikte, die von den HERRschenden ausgehen und die Untergebenen nebst Fußvolk auszubaden haben = Kriege mit all ihren Grausamkeiten "zum Ruhme von Kaiser, Gott und Vaterland".
Da auch Virginia Satir Kind ihrer Zeit war, kannte sie natürlich keine andere Gesellschaftsform. Aber ihr gelang es, hinter die Strukturen der Familiensysteme zu schauen und warum hier immer wieder, auch Generationen übergreifend, die gleichen Konflikte auftraten.
Bert Hellinger, ein katholischer Priester (!) hatte dann, als er als Leiter einer Missionarschule in Afrika (!) arbeitete, seine eigene, sehr dogmatische und hierarchische Form des "Familienstellens" erarbeitet. Seine Umsetzung setzte eine komplette Unterwerfung unter seine, als "natürlich" interpretierte Familienstruktur (1. Vater, 2. Mutter, 3, 4, 5, usw Kinder) voraus. Auch sollten oft die KlientInnen ihren TäterInnen bedingungslos für deren Taten vergeben.
Das hat zu großer Kritik bei etablierten psychologischen Instituten geführt. Zum Beispiel distanzierte sich schon 2003 die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) von der Arbeit Hellingers.
Die natürliche, evo-biologische "Familie" ist die matrilineare "Kunni", die mütterliche Sippe. Denn nur eine Mutter weiß zu 100%, dass dieses von ihr geborene Kind IHR Kind ist, ein Vater kann sich niemals sicher sein. Außerdem kann ein Kind auch entstehen, wenn der "Vater" (richtiger Genitor) bereits verstorben ist.
Das bedeutet jetzt für die matrifokale Psychotherapie (HP), dass hier die mütterliche Abstammumgslinie in den Fokus rückt. Wie ging es der Mutter, der Großmutter, der Urgroßmutter und weiter in der Linie zurück?
An und mit der Arbeit an der Ahninkette können hier nun direkt (ebenfalls systemisch und darstellend) die Lebenserfahrungen der mütterlichen Ahninnen nach empfunden werden. Das gesamte weiblich-mütterliche Feld wird in den Fokus genommen, ihre (Über-)Lebensleistungen angeschaut und gewürdigt. Denn egal, was unsere mütterlichen Ahninnen erlebt haben, wie sie sich und ihre Kinder durchbringen mussten in Zeiten großer, gewaltvoller Übergriffe, ihr innerer Überlebensmechanismus sorgte dafür, dass entweder sie oder ihr Kind - im Idealfall alle beide - überlebten.
Angefangen von den aus dem Kaukasus eindringenden Hirtennomaden der Jamnaja (Schnurkeramiker, Kurgan-Krieger), über die daraus entstandenen keltischen und "germanischen" Stämme, bis zu den Römern, gefolgt von den christlichen Kirchenmännern, zu den Ketzer- und Hexenverfolgungen in der frühen Neuzeit bis hin zum verqueren "Mutterbild" unter dem Nationalsozialismus - unsere Ahnmütter mussten unter den widrigsten Bedingungen überleben.
Dies hat Narben in unserer Genealogie hinterlassen die epigenetisch in unserer mitochondrialen DNA abgespeichert sind.
Wir haben heute zum Glück die Methoden und Werkzeuge, diese kollektiven Traumatisierungen anzuschauen, damit wir diese Generationen übergreifenden Wunden heilen können. Damit wir sie nicht wieder (unbewusst und unwillentlich) an die nächste Generation weiter vererben, wenn wir uns auf den "Weg der Ahninkette" begeben.
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